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Hamster Laufrad v2.0

Die erste Version des Hamster-Laufrades war ein reiner 3D-Entwurf welcher komplett mit dem 3D-Drucker „Ultimaker 2+“ gedruckt wurde. Das Laufrad hatte dadurch jedoch einige Schwächen, von denen mich einige vermutlich mehr gestört haben als meinen Hamster, weshalb ich diese verbesserte Version geplant und gebaut habe. Im Unterschied zu v1.0 wurden hier die wichtigsten Rotationsteile gefräst und die Lagerung wurde erheblich verbessert (die Welle ist jetzt doppelt gelagert, wobei jedes der beiden Kugellager bis zu 54000 U/min spezifiziert ist).
Der 3D-Drucker ist hier nur bei Teilen zum Einsatz gekommen, bei denen die Ungenauigkeit des Druckers keine bzw. weniger Probleme verursacht.

04.03.2018: Meine Assistentin bei diesem Projekt.

Die Rad-Dimension entspricht keinem Standard, da ich den, meiner Zwerghamster-Dame zur Verfügung stehenden, Platz optimal ausnutzen wollte während die Laufräder im Handel entweder zu klein oder zu groß waren.
Die von mir gewählten Abmessungen sind ausreichend, damit ein Zwerghamster mit geradem Rücken laufen kann.
Für größere Tiere ist das Rad nicht geeignet!

3D Modell der Lagerung ohne Abdeckung.

Die Mechanik

Auswahl der Kugellager

Um Laufruhe und Stabilität zu garantieren, habe ich auf Kugellager für den Modellbau gesetzt. Die Welle ist jetzt doppelt gelagert, wobei jedes der beiden Kugellager laut Datenblatt bis zu 54000 U/min verkraftet.

KategorieRC-Car Kugellager
MaterialChromstahl
Innen-Ø4 mm
Aussen-Ø10 mm
Breite3 mm
Max. Drehzahl54000 U/min
Tragezahl dyn. Radial471 N
Tragezahl stat. Radial155 N
Conrad Electronic Art. Nr.:229656

Rad-Rückwand und der vordere Ring

Diese beiden Teile haben einen großen Einfluss auf die Rotation. Sie wurden daher nicht gedruckt, sondern aus einer 3mm starken Makrolon™ Platte heraus gefräst. Durch die hohe Genauigkeit der CNC-Fräse, wird eine hohe Laufruhe sichergestellt. Diese beiden Bauteile halten die 4 gedruckten Teile der Lauffläche zusammen.

Die Rad-Rückwand mit den Bohrungen zur Befestigung der Achse und der Schutzkappe.
Der vordere Befestigungsring. Seine Hauptaufgabe ist das Zusammenhalten der Laufflächen-Segmente .

Die Befestigung

Diese Komponente hält das Laufrad an der Käfig-Wand.

Die in der folgenden Bildergalerie sichtbaren Bauteile bilden zusammen die Laufrad-Befestigung. Mit Hilfe der M6-Schraube lässt sich die Aufhängung am Käfig sichern. Die eingepresste M6-Mutter funktioniert wesentlich besser als ein gedrucktes Gewinde.
Die Aluminium-Platte wird in den „Kolben“ als Schutz eingeschoben. Das verhindert die Zerstörung des PLA-Bauteils durch die Schraube.

Die Lauffläche

Der ursprüngliche Plan war, die Lauffläche in einem Stück zu drucken damit es keine Fugen gibt, an denen sich der Hamster verletzen könnte. Es ist mir dann aber doch noch gelungen die Lauffläche auf 4 Teile aufzuteilen und dabei die Fugen Hamster-Freundlich zu gestalten.
Die Aufteilung auf 4 Segmente macht die zukünftige Wartung einfacher. Sollte eine Stelle der Lauffläche beschädigt sein, so ist es möglich nur das betroffene Segment auszutauschen. Das verkürzt auch erheblich die Druckzeit und reduziert Verluste, sollte es zu einem Fehler (Ablösung von der Druckplattform, Filament-Bruch usw.) beim Druck kommen.

3D-Modell eines der 4 identischen Laufflächen-Segmente.

Die von mir fertiggestellten und mittlerweile seit 1 Jahr in Verwendung befindlichen Laufflächenprofile sind auf der Innenseite glatt. Möglich wäre allerdings auch eine strukturierte Oberfläche wie das folgende Bild zeigt.

Alternative Version eines Laufflächen-Segments.

Jeder der vier Segmente wurde mit der Rückwand des Rades und dem Vorderring (Frästeile) mit Hilfe von je 3 VHS-Schrauben verschraubt.

Die Achse

3D-Modell der Rad-Achse mit Lager und Befestigungsmutter, ohne Abdeckung.

Die Bauteile für die Achse:

  • Gewindestange M4, L=86mm (Vorsichtig zuschneiden, damit die Stange nicht verbogen wird! Nach dem Zuschnitt sollte die Stange auf dem Tisch ohne Probleme rollen können)
  • 2x Messing-Hülse Di=4.1mm, Da=5mm , L=15mm
  • 1x Messing-Hülse Di=4.1mm, Da=5mm , L=27,3-27,8mm
  • 2x Kugellager Di=5mm, Da=10mm, Breite=3mm
  • 3x Sicherungsmutter M4
  • 2x Beilagscheibe M4 (4,3×12,0x1,0mm). Ich habe hier Scheiben mit den genannten Abmessungen verwendet, Standard-Scheiben sollten hier allerdings auch einwandfrei funktionieren.

Das Messing-Rohr kann am besten mit Hilfe eines Rohrabschneiders zugeschnitten werden. Allerdings sind die Stirnflächen auch dann nicht Plan.
Ich habe daher die Stirnflächen nach dem Zuschnitt mit Sandpapier auf Kork-Block nachbearbeitet. Damit sie exakt im rechnet Winkel verlaufen, habe ich die bereits zugeschnittenen Hülsen im Bohrfutter einer Tischbohrmaschine eingespannt und mit der rotierenden Hülse einen leichten Druck auf das Sandpapier ausgeübt.

Schleifen der Hülsen-Stirnflächen mit Hilfe einer Tischbohrmaschine.
Teile der Achse (ohne Kugellager).
Montierte Rad-Achse.

Abdeckung der Rad-Nabe

Damit der Hamster während seiner “Ausflüge” innerhalb des Rades nicht mit der Rad-Aufhängung (Achse incl. Sicherungsmutter) kollidiert, habe ich für diese Teile eine Abdeckung entworfen, die keine Kanten hat.

3D-Modell der Rad-Naben-Abdeckung (Oberseite).
3D-Modell der Rad-Naben-Abdeckung (Unterseite).
Fertig gedruckter Bauteil.

Die Befestigung der Rad-Naben-Abdeckung erfolgte mit 4 selbst schneidenden Schrauben für Kunststoff die aus alten DDS Kassetten übernommen wurden (jede Kassette enthält im Normalfall genau 4 solche Schrauben).

Das Laufrad mit montierter Achse.

Im folgenden Bild ist sehr gut erkennbar, dass zwischen den Laufflächen-Segmenten kein Spalt vorhanden ist.

Das Laufrad mit montierter Achse mit Blick auf die Rad-Naben-Abdeckung und die Lauffläche.

Die Lager-Auflage

3D-Modell
Fertig gedruckter Bauteil

Die Halte-Klammern

Diese Halteklammern halten die Lager-Abdeckung fest.

Laufrad-Halterung mit montierter Lager-Auflage und den beiden Halteklammern.

Lager-Abdeckung und Halterung

3D-Modell der Lager-Abdeckung und Halterung.
Die Lager-Abdeckung und Halterung auf dem Druckbett des 3D-Druckers.
Lager-Abdeckung und Halterung, montiert.

Halterung der Lichtschranke

3D-Modell vom Sensor-Rahmen.
Fertiger Bauteil.
3D-Modell der Sensor-Befestigung.

Die Elektronik (Monitoring)

Der Sensor

Als Rotationssensor ist eine Gabel-Lichtschranke zum Einsatz gekommen. Zusammen mit der am Ende der Achse befestigten Unterbrecher-Scheibe (gefräst aus Polystyrol) registriert sie einen Impuls pro Umdrehung. Eine höhere Genauigkeit wird nicht benötigt.

Die Lichtschranke im Befestigungsrahmen.

Die genauen Daten der Lichtschranke kenne ich nicht. Es ist ein Bauteil aus einem ausrangierten Drucker. Die benötigten Spannungen und die Anschluss-Belegung lassen sich bei diesen Bauteilen relativ problemlos messtechnisch bestimmen.

Die Elektronik

Um den Aufwand in Grenzen zu halten, habe ich mich diesmal für den Einsatz eines Arduino Nano entschlossen. Die Stromversorgung erfolgt über den USB-Port des Arduino, wodurch fast jedes USB-Steckernetzteil zum Einsatz kommen kann.

Die beiden Tasten könnten im Schaltplan noch einfacher ausfallen wenn die Entprellung in der Firmware implementiert wird. Ich ziehe die Hardware-Lösung allerdings vor.

Der hier abgebildete Testaufbau diente nur der Inbetriebnahme des OLED-Displays und zum Testen einiger Firmware-Funktionen.

Die Fertigung der Leiterplatten wurde bei www.allpcb.com in Auftrag gegeben. Dieser Anbieter hat sich bei mir bisher als sehr zuverlässig herausgestellt und die gelieferte Qualität ist sehr gut.

Fertige Leiterplatten.

Das folgende Bild zeigt die fertige Elektronik mit angeschlossenem Sensor. Die Berechnung der Geschwindigkeit war allerdings in der ersten Firmware-Version noch nicht implementiert.
Um den Kalorienverbrauch zu berechnen fehlt mir das Datenblatt zum Hamster. 🙂

Fertiges Trägerboard mit aufgestecktem Arduino und OLED-Display.

In der ersten Nacht ist der Hamster 1km und 789m gelaufen.
Der bisherige Rekord liegt bei 4,6km in einer Nacht.

Funktionsweise der Firmware

Die Einstellung des Rad-Umfangs ist derzeit eine Konstante im Programmcode. Die Anzahl der Rad-Umdrehungen wird immer summiert und in 2 separaten Zähler gespeichert – einem Kurzzeit-Zähler und einem Langzeit Zähler. Zugleich wird auch die Dauer einer Rad-Umdrehung gemessen und ebenfalls in 2 Variablen abgelegt, falls der neue Wert kleiner ist, als der bisherige Wert.
Die zurückgelegte Strecke wird bei bedarf aus den beiden Zähler-Werten errechnet und auf dem OLED-Display auf der Seite 1 ausgegeben. Die Seite 2 zeigt die Geschwindigkeitswerte an.

Die Auswertung des Rotations-Sensors und der Tastendrücke wird mittels ISR (= interrupt service routine) durchgeführt. Auch die Funktionen zur Zeitmessung laufen Interrupt-Gesteuert ab.

  • Die Taste „NEXT“ kurz gedrückt setzt die Kurzzeitwerte auf 0.
  • Die Taste „NEXT“ für 5 Sekunden gedrückt setzt auch die Langzeitwerte auf 0.
  • Die Taste „OK“ schaltet das Display ein wenn es bis dahin ausgeschaltet war. Falls das Display bereits eingeschaltet ist, dann wird die Display-Seite gewechselt. Derzeit stehen 2 Seiten zur Verfügung.
  • Die LED „D1“ ändert den Zustand mit jeder Rad-Umdrehung.
  • Das Display wird 60 Sekunden nach dem letzten Tasten-Druck automatisch ausgeschaltet.
  • Der Stromverbrauch liegt derzeit bei 0.02A bei 5.01V.

Verwendetes Material

  • Messing Rohr Di=4.1mm, Da=5mm (Conrad Electronic Art. Nr.: 297313)
  • Gewindestange M4 (Conrad Electronic Art. Nr.: 237108). Die Stange sollte gerade sein! Verbogene Stangen sind als Rotationsachse ungeeignet.
  • 2x Kugellager Di=5mm, Da=10mm, Breite=3mm (Conrad Electronic Art. Nr.: 229656)
  • 3x Sicherungsmutter M4
  • 2x Beilagscheibe M4 (4,3×12,0x1,0mm)
  • 34x Selbstschneidende Schraube für Kunststoff aus alten VHS-Kassetten.
  • 4x Selbstschneidende Schraube für Kunststoff aus alten DDS-Kassetten.
  • PLA-Filament mit 2,85mm Durchmesser.
  • Gabel-Lichtschranke aus einem nicht mehr benötigten Drucker.
  • Arduino Nano
  • OLED-Display
  • Träger-/Sensor-Board (PCB) HLR2 v1.0

Probleme

Das Laufrad funktioniert seit ca. 1 Jahr ohne Probleme. Es ist extrem leise und hat kaum Rollwiderstand. Durch die Wahl der glatten Oberfläche der Laufflächen-Segmente lässt sich das Rad sehr leicht reinigen.
Problematisch ist dagegen das OLED-Display. Ich hatte es nicht ständig im Betrieb, und trotzdem sind schon einige Einbrennspuren erkennbar. Sollte es ausfallen, dann werde ich es eventuell durch ein ePaper Display vergleichbarer Größe ersetzen und entsprechend die Firmware anpassen. Bis dahin sorgt die automatische Display-Abschaltung für eine Verlängerung der Lebensdauer.

Dateien

Datei:Zusatzinformationen:
Parts1Teile zum fräsen.
Durch die höhere Präzision wird die Laufruhe verbessert.
Benötigte Applikation: Galaad
Bitte vor dem Fräsen die richtigen Werkzeuge zuordnen!
Parts2Da sich 2019 am gefrästen Makrolon® Außenring, im Bereich der Verschraubung mit den Laufflächen-Segmenten, Risse gezeigt
haben, habe ich hier den Außen-Radius beider Scheiben-Teile
(Ring+Scheibe) von 90mm auf 90,5mm vergrößert.
Im Vergleich zu den Teilen aus dem Archiv „Parts1“
unterscheiden sich diese durch die Jahreszahl 2019
im Dateinamen.
LaufflaecheEin geriffeltes (A) und ein glattes (B) 90° Segment der Lauffläche
als STL File. 4 Stück werden pro Laufrad benötigt.
Es sollte allerdings nur A oder B gedruckt werden.

Updates

27.02.2020

Die automatische Display-Abschaltung hat ausgereicht um die Abnutzung des OLED-Diplays in den Griff zu bekommen. Die aktuelle Version läuft bereits seit einigen Monaten ohne eine merkbare Abnahme der Anzeigequalität.

In einem neuen Käfig-Modell steht dem Hamster mehr Platz zur Verfügung. Ich habe daher das Laufrad vergrößert und bei dieser Gelegenheit das Projekt gleich von „123D Design“ auf „Fusion 360“ migriert. Im Zuge dieser Überarbeitung habe ich auch die Segmente der Lauffläche neu designed um den Laufkomfort zu verbessern. Durch eine leichte Krümmung der Lauffläche wird der Hamster bei höheren Geschwindigkeiten durch die Fliehkraft in der Mitte der Laufbahn gehalten.

Hamster Laufrad v2 mit D=200mm in Fusion 360 (transparent)
Hamster Laufrad v2 mit D=200mm in Fusion 360
Querschnitt durch das neue Laufrad. Hier ist die Krümmung der Lauffläche deutlich zu sehen.
04.08.2020

Die Haftung der Lauffläche wurde mit Hilfe einer 1mm starken, selbstklebenden Kork-Matte verbessert.

Hamsterrad-Lauffläche mit der Kork-Matte.

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